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Bewilligungswiderruf

Bewilligungswiderruf

Wegweisung nach Rückstufung: Bedingungen nicht rechtzeitig erfüllt

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

BGer 2C_119/2023, Urteil vom 26. Januar 2024

Werden die mit der Rückstufung von der Niederlassungsbewilligung zur Aufenthaltsbewilligung auferlegten Bedingungen ohne entschuldbaren Grund nicht eingehalten, ist der Widerrufsgrund der Bestimmung in Art. 62 Abs. 1 lit. d AIG erfüllt – relevanter Zeitpunkt für die Prüfung des Einhaltens der Bedingungen bzw. der Entschuldbarkeit des Nichteinhaltens ist die vom Migrationsamt angesetzte Frist und damit in der Regel der Zeitpunkt der nächsten Verlängerung.
iusNet MigR 20.03.2024

Anerkennung der Ehefrau als Vergewaltigungsopfer trotz strafrechtlicher Entlastung des Ehemannes

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

BVGer F_5273/2020, Urteil vom 27. November 2023

Das Bundesverwaltungsgericht nimmt wegen den verschiedenen Beweismassstäben trotz einer bereits stattgefundenen strafrechtlichen Würdigung eine eigene, ausländerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes vor. Es erachtet es trotz Einstellung des Strafverfahrens zugunsten des mutmasslichen Täters für glaubhaft, dass die Ehefrau vom Ehemann vergewaltigt worden ist, und anerkennt gestützt auf diese Gewalttat einen nachehelichen Härtefall.
iusNet MigR 24.01.2024

Rückfallgefahr trotz langjährigem Wohlverhalten

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

BGer, 2C_836/2021, Urteil vom 20. September 2023

Ohne ausführlich auf das langjährige Wohlverhalten einzugehen (das schwerste Delikt, eine Veruntreuung, liegt über zehn Jahre zurück, die letzte Verkehrsregelverletzung über sieben Jahre), meint das Bundesgericht, dass die Anwesenheit des betroffenen deutschen Staatsangehörigen eine hinreichend schwere, gegenwärtige Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Bei dieser Strenge ist ein Unterschied in der Behandlung von straffälligen ausländischen Personen mit und solchen ohne FZA-Ansprüche im Ergebnis kaum mehr auszumachen.
iusNet MigR 22.11.2023

Psychische Erkrankung als wichtiger Grund für nachehelichen Härtefall

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

BVGer, F_6565/2020, Urteil vom 18. September 2023, franz.

Ein nachehelicher Härtefall kann auch vorliegen, ohne dass die ausländische Person in der Schweiz besonders gut integriert wäre oder eheliche Gewalt erlitten hätte. Das Bundesverwaltungsgericht anerkennt vorliegend eine psychische Erkrankung als Härtefallgrund, weil sich die Krankheit der in ihrer Kindheit im familiären Umfeld missbrauchten Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr ins Heimatland verschlimmern würden.
iusNet MigR 22.11.2023

Ankündigung einer verspäteten Rückreise aus dem Ausland stellt ein Gesuch um Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung dar

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

VWBES.2023.26, Verwaltungsgericht Solothurn, Urteil vom 25. August 2023

Die Solothurner Richter verlangen im beurteilten Fall vom Migrationsamt, dass ein informelles Schreiben mit der Ankündigung einer nicht rechtzeitigen Rückkehr als Gesuch um Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung behandelt wird. Zumindest müssen Ausländerinnen und Ausländer im Falle von solchen Schreiben von der Migrationsbehörde über die Gesetzeslage informiert und über die Möglichkeiten aufgeklärt werden, wie das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung zu verhindern ist.
iusNet MigR 22.11.2023

Wegweisung eines Secondos wegen Schuldenwirtschaft ist ohne zeitnah vorangegangene Verwarnung unverhältnismässig

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf
Das Bundesgericht bekräftigt seine Rechtsprechung, wonach eine Bewilligung bei Ausländern, die sich schon seit langer Zeit in der Schweiz aufhalten, insbesondere Ausländern der zweiten Generation, nur «mit Zurückhaltung» widerrufen werden darf. Zwar kann auch Secondos das mutwillige Schuldenmachen zum Verhängnis werden, doch ist bei Ihnen der Umstand, dass kaum mehr Verbindungen zum Heimatland bestehen, besonders zu gewichten. Betont wird im vorliegenden Fall vom Bundesgericht zudem, dass vor dem Widerruf zwingend (erneut) eine Verwarnung ausgesprochen werden muss; viele Jahre zurückliegende Verwarnungen genügen nicht.
iusNet MigR 20.09.2023

Nachehelicher Härtefall wegen psychischer Gewalt durch den «erzkonservativen» Schwiegervater

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

VGer ZH, VB.2022.00147, Urteil vom 20. Juli 2022

Im vorliegenden Fall macht das kantonale Gericht mit selten klaren Worten das ganze (Gross-)Familiensystem und insbesondere den patriarchalen Schwiegervater für die psychische Oppression verantwortlich. Das passive Verhalten des Ehemannes, der nicht willens und nicht fähig war, seine Ehefrau vor den schwiegerväterlichen Unterdrückungen, Blossstellungen und Beleidigungen zu schützen, ist zumindest indirekt auch für die Gewaltausübung verantwortlich.
iusNet MigR 22.03.2023

Bezug von Ergänzungsleistungen stellt keinen Widerrufsgrund dar

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

BGer 2C_60/2022, Urteil vom 27. Dezember 2022

An der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur künftigen Loslösung von der Sozialhilfe dank (frühzeitiger) Pensionierung ändert dies allerdings nichts: Sozialhilfebezüger, die in Zukunft nur deshalb keine Sozialhilfe mehr beziehen werden, weil sie wegen einer IV- oder AHV-Rente Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben werden, müssen sich den künftigen Bezug der EL in einer Verhältnismässigkeitsprüfung entgegenhalten lassen. EL-Bezüge fallen auf Seiten des öffentlichen Interesses an einer Wegweisung ins Gewicht und vermögen unter Umständen das private Interesse am Verbleib in der Schweiz zu überwiegen. Eine solche Verhältnismässigkeitsprüfung greift jedoch nur – dies wird mit dem vorliegenden Urteil klargestellt – wenn die betroffene Person im Zeitpunkt des letztinstanzlichen Urteils immer noch Sozialhilfe bezieht und somit den entsprechenden Widerrufsgrund erfüllt.
iusNet MigR 22.03.2023

Rückstufung – was bisher geschah

Fachbeitrag
Bewilligungswiderruf
Der Fachbeitrag bietet einen Überblick der bisher ergangenen Rechtsprechung zu der per 1. Januar 2019 eingeführten migrationsrechtlichen Massnahme der sog. Rückstufung. Der Widerruf einer Niederlassungsbewilligung, die durch eine Aufenthaltsbewilligung ersetzt wird, wirft materielle und prozessuale Fragen auf. Welche davon sind mittlerweile geklärt, welche weiterhin offen und was ergibt sich aus dem aktuellen Stand für die Praxis?
Lisa Rudin
iusNet MigR 18.01.2023