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Sozialhilfe

Familiennachzug durch Flüchtling trotz Sozialhilfebezug

Rechtsprechung
Familiennachzug

VGer ZH, VB.2023.00450, Urteil vom 26. Oktober 2023

Das Verwaltungsgericht Zürich stellt klar, dass Sozialhilfebezug einem Familiennachzug nicht per se entgegensteht: Bei entsprechenden Bemühungen um ein Erwerbseinkommen unter Berücksichtigung der Betreuungspflichten sowie der Unzumutbarkeit der Ausreise ist ein Fehlbetrag zu relativieren und das private Interesse überwiegt das rein finanzielle öffentliche Interesse.
iusNet MigR 24.01.2024

Bundesgericht definiert Kriterien für die Annahme eines leichten Falls eines unrechtmässigen Sozialhilfebezugs

Rechtsprechung
Migrationsstrafrecht / Landesverweis
Das Bundesgericht definiert erstmals deliktsbetragsmässige Schwellenwerte im Hinblick auf die Annahme eines leichten Falles eines unrechtmässigen Bezugs von Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeleistungen i.S.v. Art. 148a Abs. 2 StGB, der keine obligatorische Landesverweisung nach sich zieht (vgl. Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB e contrario). Bei Deliktsbeträgen unter CHF 3'000.00 ist stets von einem leichten Fall auszugehen, bei einem solchen ab CHF 36'000.00 nur in Ausnahmefällen. Im Zwischenbereich ist anhand der gesamten Tatumstände zu prüfen, ob das Verschulden der Täterschaft vermindert ist.
iusNet MigR 26.07.2023

Unterschiedliche Schwellen bei der Verweigerung des Familiennachzugs im kantonalen oder im Zustimmungsverfahren?

Rechtsprechung
Familiennachzug
Das Bundesgericht erteilt einer kreativen Argumentation des SEM und des Bundesverwaltungsgerichts eine Absage: Die Vorinstanzen waren aufgrund der Verweise in der Verordnung davon ausgegangen, dass im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zur Bewilligungserteilung gestützt auf Familiennachzug durch eine Schweizer Bürgerin Art. 62 Abs. 1 lit. e AIG («auf Sozialhilfe angewiesen ist») zur Anwendung kommt und nicht Art. 63 Abs. 1 lit. c («dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist») und damit die Schwelle zur Nichterteilung im Zustimmungsverfahren niedriger liegen würde als im kantonalen Verfahren.
iusNet MigR 26.07.2023

Die finanziellen Voraussetzungen für den Familiennachzug

Fachbeitrag
Familiennachzug

Wann muss eine verbindliche Arbeitszusicherung vorgelegt werden?

Befindet sich die in der Schweiz ansässige Person in prekären finanziellen Verhältnissen, wird der Familiennachzug häufig abgelehnt. Das Bundesgericht senkte die praktischen Hürden, indem es eine tatsächliche Vermutung aufstellte: In die Schweiz nachgezogene Ehegatten können in der Regel einer Erwerbstätigkeit nachgehen und ein zu berücksichtigendes Einkommen generieren. Es wird dargestellt, wie diese neueren Vorgaben (zurückhaltend) umgesetzt werden und wann auf Nachweise zu verzichten ist.
Lisa Rudin
iusNet MigR 22.03.2023

Bezug von Ergänzungsleistungen stellt keinen Widerrufsgrund dar

Rechtsprechung
Bewilligungswiderruf

BGer 2C_60/2022, Urteil vom 27. Dezember 2022

An der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur künftigen Loslösung von der Sozialhilfe dank (frühzeitiger) Pensionierung ändert dies allerdings nichts: Sozialhilfebezüger, die in Zukunft nur deshalb keine Sozialhilfe mehr beziehen werden, weil sie wegen einer IV- oder AHV-Rente Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben werden, müssen sich den künftigen Bezug der EL in einer Verhältnismässigkeitsprüfung entgegenhalten lassen. EL-Bezüge fallen auf Seiten des öffentlichen Interesses an einer Wegweisung ins Gewicht und vermögen unter Umständen das private Interesse am Verbleib in der Schweiz zu überwiegen. Eine solche Verhältnismässigkeitsprüfung greift jedoch nur – dies wird mit dem vorliegenden Urteil klargestellt – wenn die betroffene Person im Zeitpunkt des letztinstanzlichen Urteils immer noch Sozialhilfe bezieht und somit den entsprechenden Widerrufsgrund erfüllt.
iusNet MigR 22.03.2023