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Erleichterung der Erwerbszulassung nach Abschluss der Aus- und Weiterbildung in der Schweiz geplant

Erleichterung der Erwerbszulassung nach Abschluss der Aus- und Weiterbildung in der Schweiz geplant

Gesetzgebung
Bewilligungen Erwerbstätige

Erleichterung der Erwerbszulassung nach Abschluss der Aus- und Weiterbildung in der Schweiz geplant

Der Bundesrat legt die Vorlage für die Umsetzung der «Motion Dobler» vor

Seit jeher besteht das Dilemma, dass die Zulassung zur Ausbildung zwar eine temporäre sein soll, die Ausbildung selbst jedoch mit einer entsprechenden Vertiefung sozialer, wirtschaftlicher, sprachlicher und kultureller Beziehungen einhergeht. Das Dilemma verschärft sich, wenn der Schweizer Arbeitsmarkt die hierzulande mit öffentlichen Geldern ausgebildeten Spezialistinnen und Spezialisten nachfragt, die Anstellung aber an den hohen Zulassungshürden zur Erwerbstätigkeit scheitert. Mehrere parlamentarische Vorstösse haben sich mit dieser Problematik befasst, unter anderem auch die Motion Dobler (Motion 17.3067 vom 7. März 2017, Wenn die Schweiz teure Spezialisten ausbildet, sollen sie auch hier arbeiten können).

Gemäss geltendem Recht müssen Drittstaatsangehörige die Voraussetzungen von Art. 27 AIG (SR 142.20) erfüllen, um hierzulande studieren zu können. Nach Abschluss der Aus- und Weiterbildung richtet sich der weitere Aufenthalt nach den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen (Art. 27 Abs. 3 AIG). Wollen drittstaatsangehörige Hochschulabgängerinnen und -abgänger als erwerbstätige Personen in der Schweiz verbleiben, müssen sie mithin die hohen Anforderungen der sogenannten «Elite-Migration» erfüllen (Art. 18 AIG bei unselbstständiger und Art. 19 AIG bei selbstständiger Erwerbstätigkeit).

Nach Art. 21 Abs. 3 AIG können Drittstaatsangehörige mit Schweizer Hochschulabschluss ohne Einhaltung des Inländervorrangs nach Art. 21 Abs. 1 AIG zugelassen werden, wenn ihre Erwerbstätigkeit von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse ist. Vor diesem rechtlichen Hintergrund fordert die Motion Dobler, Art. 21 VZAE dahingehend anzupassen, dass hierzulande ausgebildete Drittstaatsangehörige nicht mehr den Kontingenten angerechnet werden. Obwohl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung empfahl, wurde sie von beiden Räten angenommen.

Der Bundesrat hat am 19. Oktober 2022 seinen Umsetzungsvorschlag samt Bericht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens, Botschaft und Entwurf der AIG-Revision präsentiert (Bundesrat, Gezielte Zulassung zum Arbeitsmarkt für Drittstaatsangehörige mit Schweizer Hochschulabschluss, Medienmitteilung vom 19. Oktober 2022, abrufbar unter: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-90729.html)

Aus systematischen Gründen wurde entgegen der Motion darauf verzichtet, die Ausnahme von den jährlichen Höchstzahlen durch eine Änderung der VZAE zu regeln. Auch soll die Ausnahme von den Höchstzahlen für ausländische Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen bei der Zulassung zum Arbeitsmarkt entgegen der Motion Dobler nur dann zur Anwendung kommen, wenn die auszuübende Erwerbstätigkeit von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse ist. Die bundesrätliche Vorlage schlägt die folgende neue Bestimmung vor (Art. 30 Abs. 1 lit. m nAIG):

Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18–29) kann abgewichen werden, um die Zulassung von Ausländerinnen und Ausländern mit Schweizer Hochschulabschluss zu erleichtern, wenn ihre selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse ist.

Gemäss Botschaft erfasst die Bestimmungen den gleichen Personenkreis wie Art. 21 Abs. 3 AIG. Die verwendeten Begriffe «Schweizer Hochschulabschluss» und «hohes wissenschaftliches oder wirtschaftliches Interesse» werden bereits in Art. 21 Abs. 3 AIG verwendet, was einen Anschluss an die bisherige Praxis ermöglichen soll. Neben der erleichterten Zulassung zu einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit soll auch die Zulassung zur selbstständigen Erwerbstätigkeit erleichtert werden, was insbesondere der Förderung innovativer Start-Ups dienen soll.

Der Bundesrat schlägt vor, die neue Ausnahme von den Zulassungsvoraussetzungen wie folgt in der VZAE zu konkretisieren: Es soll präzisiert werden, dass Zulassungen möglich sind, wenn diese insbesondere in Branchen und Berufen erfolgen, in denen ein ausgewiesener Bedarf auf dem Schweizer Arbeitsmarkt besteht. Es ist aber auch möglich, dass aufgrund einer besonderen Ausgangslage im Einzelfall auch in anderen Bereichen ein hohes wissenschaftliches oder wirtschaftliches Interesse an einer erleichterten Zulassung besteht. Zudem müssen die Lohn- und Arbeitsbedingungen nach Art. 22 AIG weiterhin eingehalten werden und die Ausländerin oder der Ausländer muss über eine bedarfsgerechte Wohnung nach Art. 24 AIG verfügen. Bei einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit bedarf es eines Gesuchs des Arbeitgebers nach Artikel 18 lit. b AIG. Handelt es sich hingegen um eine selbstständige Erwerbstätigkeit, so ist nachzuweisen, dass Art. 19 lit. b und c AIG eingehalten sind. Weiter soll die Zulassung der Zustimmung des SEM nach Art. 99 AIG i.V.m. Art. 5 der Verordnung des EJPD über das ausländerrechtliche Zustimmungsverfahren (ZV-EJPD; SR 142.201.1) unterliegen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Umsetzung wird nun im Parlament beraten.

iusNet MigR 18.01.2023