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Familiennachzug Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene

Schutz des Familienlebens von vorläufig Aufgenommenen

Rechtsprechung
Familiennachzug

BVGer D-4112/2023, Urteil vom 1. November 2023

Rechtswidrig eingereiste Ehepartner von hier vorläufig Aufgenommenen erhalten keine vorläufige Aufnahme gestützt auf den asylrechtlichen Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG), wenn sich das Paar erst nach der vorläufigen Aufnahme des bereits in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Partners kennengelernt hat. Der Einbezug in die vorläufige Aufnahme muss jedoch im Rahmen von Art. 8 EMRK trotzdem geprüft werden, wenn der hier anwesende Partner wegen seiner langjährigen Anwesenheit über ein faktisch gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügt. Die illegale Einreise zwecks Umgehung der Familiennachzugsbestimmungen stellt keinen Ausschlussgrund dar.
iusNet MigR 24.01.2024

Familiennachzugsrecht für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge trotz Sozialhilfebezug

Rechtsprechung
Familiennachzug

EGMR, F-1316/2022, B.F. und andere gegen die Schweiz (Rs Nr. 13258/18, 15500/18, 57303/18 und 9078/20), Urteil vom 4. Juli 2023

Die kleine Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) rügt die Schweiz. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Fällen von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen, die ihre Familie in die Schweiz nachziehen wollten, aber dazu nicht über ausreichende eigene finanzielle Mittel verfügten, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) verletzt. Trotz dem Sozialhilfebezug dieser Personen gewichtete der EGMR die privaten Interessen der Flüchtlinge höher als das öffentliche Interesse an der Steuerung der Zuwanderung und dem wirtschaftlichen Wohl des Landes.
iusNet MigR 26.07.2023

Auch vorläufig Aufgenommene haben grundsätzlich das Recht, Konkubinatspartner nachzuziehen

Rechtsprechung
Familiennachzug

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts F-1708/2022 vom 14. April 2023

Das Bundesverwaltungsgericht weist das SEM an, das Familiennachzugsgesuch einer langjährig in der Schweiz anwesenden und gut integrierten vorläufig Aufgenommenen zugunsten ihres Konkubinatspartners gestützt auf Art. 8 EMRK materiell zu prüfen – auch wenn KonkubinatspartnerInnen nicht zum Personenkreis von Art. 85 Abs. 7 a–e AIG zählen. Für das Eintreten genügt, dass bezüglich des faktischen Aufenthaltsrechts und der gefestigten Lebenspartnerschaft (vorliegend mit gemeinsamem Kind) plausible Gründe vorliegen.
iusNet MigR 24.05.2023

Kürzere Wartefrist beim Familiennachzug durch vorläufig Aufgenommene

Rechtsprechung
Familiennachzug

BVGer F_2739/2022, Urteil vom 24. November 2022, franz.

Das Bundesverwaltungsgericht ändert seine Praxis zur dreijährigen Familiennachzugs-Wartefrist für vorläufig aufgenommene Personen. Neu können Ausländerinnen und Ausländer mit F-Ausweis ein Gesuch um Familiennachzug bereits kurz vor Ablauf von zwei Jahren seit der Anordnung der vorläufigen Aufnahme stellen. Das SEM hat ein solches Gesuch in Berücksichtigung sämtlicher Aspekte des Einzelfalles zu prüfen und gutzuheissen, sofern das Abwarten der gesetzlichen Dreijahresfrist das Recht auf Achtung des Familienlebens verletzen würde.
iusNet MigR 18.01.2023